Immobiliennacht 2025

Bauen zwischen Anspruch und Wirklichkeit

Mut, Verzicht und ein gemeinsamer Wille als Schlüssel für mehr Wohnungsbau

Bremen, 20.11.2025. Die Bau- und Immobilienbranche kämpft weiterhin mit enormen Herausforderungen: gestiegene Kosten, stagnierende Genehmigungszahlen, verunsicherte Investoren und einem politischen Umfeld, das eher Ankündigungen als Entlastungen liefert. Gleichzeitig bleibt der Bedarf an bezahlbarem Wohnraum ungebrochen hoch. Wie Deutschland dennoch die Trendwende schaffen kann, stand im Mittelpunkt der 13. nordwestdeutschen Immobiliennacht des BFW Niedersachsen/Bremen.

„Wir müssen uns wieder mehr zumuten“, mit klaren Worten eröffnete Dirk Streicher, Vorstandsvorsitzender des BFW Niedersachsen/Bremen, den Abend. Er mahnte, dass die anhaltend schwierige Lage der Bauwirtschaft ein gemeinsames kraftvolles Handeln erfordere und verwies auf den Handlungsdruck: „

In Berlin wird intensiv gearbeitet. Doch wir müssen unsere Produktivität erhöhen und raus aus den teuren Baustandards. Nur so gelingt freifinanziertes Bauen.“ Die Wiederaufnahme der EH-55-Förderung wertete Streicher als Erfolg, aber nicht als Lösung: „800 Millionen Euro sind schnell aufgebraucht. Temporäre Strohfeuer reichen nicht aus, wenn 900.000 Wohnungen fehlen.“ Daher forderte er konkrete Schritte von Bund, Ländern und Kommunen: niedrigere Grunderwerbsteuern, eine Eigenheimzulage, zinsgünstige Darlehen für Ersterwerber sowie klare politische Signale, die Planungssicherheit schaffen.

Ein System am Anschlag und der Wille, es zu verändern

Die anschließende Diskussionsrunde zeichnete ein vielschichtiges Bild der aktuellen Lage. Deutlich wurde: Wohnungsbau scheitert nicht an fehlender Nachfrage, sondern an strukturellen Hemmnissen innerhalb von Verwaltung, Regulierung und föderalen Prozessen.

Zwar liegen einzelne positive Indikatoren vor: Baugenehmigungen und Finanzierungen steigen vereinzelt wieder moderat an, auch das Transaktionsgeschehen belebt sich leicht. Von einer Trendwende kann noch keine Rede sein. Die Fachrunde war sich einig, dass diese Bewegung zu langsam und zu fragil ist, um den akuten Wohnraumbedarf zu decken. Entscheidend ist nun, dass genehmigte Projekte auch tatsächlich in die Umsetzung kommen.

Genehmigungsverfahren: Zu langsam, zu komplex, zu analog

Die Diskussionsteilnehmenden kritisierten einhellig die oftmals überlasteten und unzureichend digitalisierten Bauverwaltungen. Genehmigungen dauern häufig länger als notwendig, oft verursacht durch Nachforderungen, fehlende digitale Prozesse oder sehr vorsichtige Auslegung von Vorschriften. Besonders problematisch sind die Unterschiede zwischen Kommunen. Während einige pragmatisch vorangehen, arbeiten andere weiterhin sehr restriktiv. Die Folge: Investitionen werden schwer kalkulierbar. Die Runde machte deutlich: Ohne echte Digitalisierung und konsequente Vereinfachung kann der Bauturbo in der Praxis nicht zünden.

Der Bauturbo: Gute Idee mit begrenzter Wirkung?

Die Beschleunigungsagenda des Bundes wird grundsätzlich als Schritt in die richtige Richtung gesehen, ihre Wirksamkeit wird jedoch infrage gestellt. Da es keinen Rechtsanspruch auf Erleichterungen gibt, hängt der Erfolg stark von der Bereitschaft der Kommunen ab. Mehrere Stimmen betonten: Fiktionsfristen oder verbindlichere Vorgaben sind nötig, um den Flickenteppich aus zögerlicher Umsetzung und zurückhaltender Rechtsanwendung zu überwinden.

Hürden reduzieren, Chancen nutzen: Kommunikation als Erfolgsfaktor

Ein zentrales Hemmnis sind weiterhin unterschiedliche Landesbauordnungen und kommunale Sonderregelungen. Diese sind ein Kosten- und Komplexitätstreiber, der die Vergleichbarkeit und Planbarkeit massiv erschwert. Zusätzlich erschweren Vorbehalte gegenüber Investoren die Zusammenarbeit. In manchen Kommunen ist das Bild des „Spekulanten“ noch immer präsent, was Genehmigungen und Befreiungen zusätzlich verzögern kann.

Die Runde war sich einig: Frühzeitige Gespräche mit Verwaltung und Politik sind entscheidend. Besonders bei größeren Vorhaben können Vorgespräche Hemmnisse abbauen und Klarheit schaffen. Gute Beispiele aus anderen Ländern, beispielsweise den Niederlanden, zeigen, dass Transparenz, Pragmatismus und schnelle Abstimmungsprozesse entscheidend sind, um Projekte trotz schwieriger Rahmenbedingungen voranzubringen.

Auch der neue Gebäudetyp E wurde als Chance für kostengünstigeres Bauen diskutiert. Seine Stärke liegt in der Flexibilisierung, die Abweichungen von Normen zulässt und damit Verfahren vereinfachen kann. Gleichzeitig wurde auf juristische Risiken hingewiesen, etwa bei der Frage, wie transparent Nutzer über reduzierte Standards informiert werden müssen. Als richtungsweisend wurde die Idee bewertet, dass öffentliche Auftraggeber selbst mit dem Gebäudetyp E vorangehen: ein Signal, das Vertrauen schaffen und den Weg für private Projekte ebnen könnte.

Aus Erkenntnis muss Umsetzung werden

Die Diskussion endete mit vorsichtigem Optimismus. Die Branche verfügt über Wissen, Konzepte und Innovationskraft. Doch ohne einen echten mentalen und strukturellen Mindsetwechsel wird die nötige Beschleunigung nicht gelingen. Politik, Verwaltung, Wirtschaft und Gesellschaft müssen bereit sein, gewohnte Muster zu hinterfragen und Kompromisse einzugehen. Dazu gehören Mut, neue Wege zuzulassen; Verzicht, etwa bei überhöhten Standards oder lang tradierten Verfahrensweisen; und der gemeinsame Wille, Verantwortung nicht weiter zwischen den Ebenen hin- und herzuschieben, sondern sie gemeinsam zu tragen. Nur wenn dieser Dreiklang gelingt, werden die vorhandenen Instrumente tatsächlich wirken.

Weitere Eindrücke von der Immobiliennacht finden Sie in der Bildergalerie.

Bildquelle: Niklas Krug