
Darüber hinaus zeigte er Maßnahmen auf, die nicht auf Investitionen abzielen und dennoch den gewünschten Effekt erzielen. Als gebürtiger Niederländer verwies er dazu auf Beispiele seines Heimatlandes.
Ein großes Problem sieht Joosten in der geringen Eigentumsquote in Deutschland. Im Europavergleich, wo der Durchschnitt bei 69 Prozent liegt, bildet Deutschland mit 46,7 Prozent nahezu das Schlusslicht. „Eigentum wird hierzulande abgestraft. Wir sollten die Finanzierung von Eigentum möglich machen, um den Wohnungsmarkt zu entlasten“, so Joosten. Die Förderung von Wohneigentum, beispielsweise durch staatliche Bürgschaften, fordert auch der BFW.
Für die ersten 100 Tage nach der Regierungsbildung hat Joosten einen ganz konkreten Vorschlag. 30 Prozent der Bauvorschriften sollten seiner Meinung nach gestrichen werden. Die Abschaffung kostet den Staat kein Geld; die Baukosten würden dadurch immens gesenkt. Doch den Mut hat die neue Regierung in ihrem Koalitionsvertrag bislang nicht bewiesen. Ein Vergleich, wie mutig die Niederländer agieren: vor fünf Jahren wurde der Bebauungsplan abgeschafft und durch Umgebungspläne ersetzt. Somit werden keine Nutzungen mehr vorgegeben; generell arbeiten Städte und Kommunen eng mit der Wohnungswirtschaft zusammen. Im Ergebnis entstehen durch die gewonnenen Freiheiten kreative Planungen, die mehr Wohnraum schaffen. „Wir bauen in den Niederlanden als Team mit allen Beteiligten, um schnell bauen zu können.“ Joosten versteht auch den Bebauungsplan in Deutschland als Instrument und nicht als Ziel, der demzufolge nur Leitplanken vorgeben und nicht alles bis ins letzte Detail festsetzen sollte. Das kann auch die Zeit vom Aufstellungsbeschluss bis zum rechtskräftigen Inkrafttreten um Jahre verkürzen. Denn auch hier punkten die Niederländer. Ein Umgebungsplan ist in ein bis zwei Jahren aufgestellt. Die Umgebungsgenehmigung in acht Wochen erteilt. Für Deutschland unter den aktuellen Vorzeichen wohl eher ein Wunschmodell.
Und auch das Thema Bauland nimmt Joosten ins Visier. Bauen auf der grünen Wiese. Auch hier zeigen die Niederlande, wie sich Bauen im Einklang mit der Natur vereinbaren lässt. Die neue niederländische Regierung plant demnach 400.000 neue Wohneinheiten auf der grünen Wiese – seriell, digital und teilweise AI gesteuert.
Luxusstandard noch zeitgemäß?
In Deutschland muss alles 100 Prozent sicher sein. Ein Beispiel ist der Brandschutz: die Auflagen (und damit die Kosten) in Deutschland gehen weiter als in den Niederlanden: Verbrennen deshalb in Deutschland weniger Menschen bei Wohnungsbränden als in unserem Nachbarland? Joostens Denkanstoß: „Ist der Luxus, den sich die deutsche Politik durch die hohen Standards leistet, auch von den Nutzern gewollt? Während die Niederländer auch mit dem Drei-Sterne-Standard glücklich, sicher und zufrieden leben, bleibt Deutschland dem Vier- und Fünf-Sterne-Standard treu, sogar im geförderten sozialen Wohnungsbau.“ Doch Joostens nüchternes Fazit bringt es auf den Punkt: „Unter den aktuellen Rahmenbedingungen ist dieser Standard schlichtweg nicht zu finanzieren. Und keine gebauten Wohnungen lösen nicht die Probleme auf dem Wohnungsmarkt. Im Gegenteil: sie führen zu mehr Unmut in der Gesellschaft.“
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Bildquelle: BFW Niedersachsen/Bremen