Immobiliennacht 2018

Bildquelle: Niklas Krug

Entschlackung und Digitalisierung – Anregungen für den deutschen Wohnungsbau

Ein Blick über Grenzen im Rahmen der 7. nordwestdeutschen Immobiliennacht

Von seinen europäischen Nachbarländern kann Deutschland im Hinblick auf schnellen und günstigen Wohnungsbau noch einiges lernen – das wurde bei der 7. nordwestdeutschen Immobiliennacht vom BFW Niedersachsen/Bremen e.V. deutlich. Vor allem die Themen Entschlackung und Digitalisierung standen im Fokus, als Vertreter der Immobilienwirtschaft und Politik im November im Parkhotel Bremen zusammenfanden.

„Wir haben derzeit alle gut zu tun und können bislang positiv in die Zukunft blicken. Man könnte daher die Frage stellen, ob wir nichts Besseres zu tun haben, als nach Europa zu schauen.“ Mit diesen Worten eröffnete Dirk Streicher, Vorstandsvorsitzender des BFW Niedersachsen/Bremen, die diesjährige Immobiliennacht. „In Deutschland bauen wir Qualität und theoretisch wissen wir auch, wie man schneller sowie günstiger bauen kann. Nur manchmal verwalten wir mehr, als dass wir gestalten – welches Haus braucht denn schon wirklich einen Sonnenschutz auf der Nordseite?“, gab er als Denkanstoß mit in den Abend und führte vorweg an: „Ich bin gespannt, was wir hinsichtlich der Prozesse und Regulierungen noch von unseren europäischen Nachbarn lernen können.”

Wo steht Deutschland im europäischen Vergleich?

Welche Position Deutschland im Kontext des europäischen Wohnungsbaus einnimmt, erörterte Andreas Schulten von der bulwiengesa AG im ersten Impulsvortrag des Abends. Die von ihm angeführten Statistiken von EUROSTAT zeigten beispielsweise: In Sachen Wohnungsfertigstellungen liegt Deutschland im europäischen Durchschnitt, die Niederlande und Dänemark darüber. Das liegt nicht zuletzt aber auch daran, dass Deutschland im Vergleich zu den Nachbarländern in den vergangenen Jahren im Hinblick auf die Einwohnerzahl am langsamsten gewachsen ist und so kein Wachstumsdruck vorlag, den es zu bewältigen galt. Diesbezüglich gab Schulten, der auch als Moderator durch den Abend führte, zu bedenken, dass Modelle aus anderen Ländern aufgrund unterschiedlicher Größenordnungen nicht 1:1 auf Deutschland übertragbar seien. Dennoch lohne es sich in seinen Augen, sich in einzelnen Punkten von unseren europäischen Nachbarn inspirieren zu lassen und eigene Konzepte sowie Vorgehensweisen dadurch zu optimieren.

Ein Blick in die Niederlande und Dänemark

Wie ein Entschlackungsprozess 2010 in den Niederlanden Einzug hielt und dort zu deutlich schnellerem sowie günstigerem Bauen führte, erläuterte Han Joosten von der BPD Immobilienentwicklung GmbH. Seine Empfehlungen für Deutschland: Reduzierung der Vorschriften, Investition in Digitalisierung, Senkung von Baunebenkosten und die Regelung von Bauordnungen auf Bundes- statt Länderebene. Die Vorgehensweisen und Prozesse in Dänemark veranschaulichte dagegen Heiko Weissbach von architekturama am Beispiel von Aarhus, der Kulturhauptstadt 2017. An verschiedenen Beispielen zeigte er, wie sich die Stadtentwicklung in der selbsternannten kleinsten Großstadt der Welt in den vergangenen Jahren gestaltet hat – und wie dabei moderne Wohnformen für verschiedenen Nutzer sowie Bedarfsgruppen entstanden. „Innovation ist nur dann möglich, wenn kreative Potenziale freigesetzt und festgefahrene Wege verlassen werden. Deutschland braucht mehr Mut zum Experiment und Mut zur Veränderung”, betonte Weissbach in seinem Vortrag.

Entschlackung, Mentalitätswandel und Digitalisierung

Bildquelle: Niklas Krug

Im Rahmen der Talkrunde wurde die Übertragbarkeit europäischer Konzepte in Deutschland von den Referenten beleuchtet. Neben ihnen diskutierten: Andreas Ibel, Präsident des BFW Bundesverbandes, Carsten Hettwer, Stadtbaurat Langenhagen, und Carsten Meyer-Heder, CDU Spitzenkandidat für die Bürgerschaftswahl Bremen. Erörtert wurde hierbei unter anderem die Tatsache, dass Bauträger in anderen Ländern wie den Niederlanden aktiv in Bauprojekte einbezogen werden, während man sie in Deutschland nicht selten als Gegenspieler betrachtet. Diesbezüglich unterstrich Ibel, man müsse partnerschaftlich zusammenarbeiten, um das bestmögliche Ergebnis zu erzielen und auch Hettwer erläuterte: „Vertrauen und ein transparenter Umgang mit allen Beteiligten – das sind die Punkte, die uns ans Ziel bringen.“

Auch ein erforderlicher Mentalitätswandel, die Entschlackung von Prozessen und der notwendige digitale Durchbruch waren Schlagworte, die im Hinblick auf die Beschleunigung von Bauprozessen und die Senkung von Baukosten immer wieder aufkamen. Einig waren sich schließlich alle Beteiligten der Talkrunde, dass es Deutschland auch in fünf Jahren noch nicht gelingen werde, 20 Prozent mehr Wohnungen zu bauen. Nur Joosten gibt die Hoffnung nicht auf: „Wohnungen werden gebraucht, also sind die Bürger gezwungen, Druck auf die Politik auszuüben und werden dies auch tun. Die Deutschen sollten mehr in Lösungen denken und nicht in Problemen.“

Ibel hielt am Ende des Abends fest: „Bauen in Deutschland wird durch die zahlreichen Vorschriften und Regelungen immer teurer. Das wird sich noch weiter zuspitzen. Unter den aktuellen Gegebenheiten bauen wir am Bedarf vorbei. In fünf Jahren wird Deutschland am selben Punkt stehen wie die Niederlande vor einigen Jahren. Deshalb müssen wir prüfen, ob die niederländischen Reformen auch auf Deutschland übertragbar sind. Wir brauchen jetzt ein neues Denken. Das ist der Schlüssel für eine nachhaltige Wohnungspolitik, um schneller, flexibler und vor allem kostengünstiger bauen zu können.“

Premiere beim BFW Niedersachsen/Bremen

Im Rahmen der Immobiliennacht wurde Joachim Latossek als erstes Ehrenmitglied des Landesverbandes ausgezeichnet. Durch sein langjähriges Engagement hat er einen wichtigen Beitrag zur Entwicklung des Landesverbandes geleistet. Latossek freut sich über die Auszeichnung und empfindet diese als gelungenen Abschluss für seine lange berufliche Laufbahn.

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Das gesamte Programm finden Sie im Einladungsflyer, den Sie sich hier herunterladen können:
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In unserer Bildergalerie finden Sie einige Impressionen von der diesjährigen Immoibliennacht.

Das waren die Partnerunternehmen.